Bestimmungen ungewöhnlichen Inhaltes in allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern, die ein Vertragsteil verwendet hat, werden nicht Vertragsbestandteil, wenn sie dem anderen Teil nachteilig sind und er mit Ihnen auch nach den Umständen, vor allem nach dem äußeren Erscheinungsbild der Urkunde, nicht zu rechnen brauchte. Ausgenommen sind nur jene Fälle, in denen der eine Vertragsteil den anderen besonders darauf hingewiesen hat (§ 864a ABGB).
In jenen Fällen, in denen Mietverträge einseitig vorformuliert wurden, gelten diese als Vertragsformblatt. Dabei handelt es sich um einseitig vorformulierte, nicht für den Einzelfall ausgehandelte Vertragsklauseln, aus welchen sich eine gewisse Unterwerfungssituation des anderen Vertragspartners ergibt. Demnach unterliegen derartige Mietvertragsformulare sowohl einer Geltungskontrolle entsprechend § 864a ABGB als auch einer Inhaltskontrolle entsprechend § 879 Abs. 3 ABGB.
Entsprechend der Geltungskontrolle werden überraschende Vertragsbestandteile (Klauseln) nicht Vertragsinhalt. Nach der Inhaltskontrolle werden vertragliche Vereinbarungen zu Lasten einer Vertragspartei unwirksam. Kein Vertragsformular ist dann anzunehmen, wenn der Mieter selbst den Mietvertrag vorgelegt hat oder wenn beide Vertragspartner, also Vermieter und Mieter, den Vertragserrichter zur Erstellung des Mietvertrages beauftragt haben. Für die Qualifizierung, ob im Einzelfall ein Mietvertragsformular vorliegt, kommt es immer darauf an, ob eine Individualvereinbarung vorliegt oder nicht. Das zwischen beiden Vertragsparteien ausgehandelte „Vertragsergebnis“ stellt eine Individualvereinbarung dar und verhindert die Anwendbarkeit einer Geltungs- und Inhaltskontrolle, zumal in diesen Fällen nicht von einem Mietvertragsformular auszugehen ist.
Einzige inhaltliche Schranke bildet die Sittenwidrigkeit einer Vereinbarung. Für die Qualifizierung eines Mietvertrages als Vertragsformblatt ist es nicht ausreichend, dass einzelne Vertragsbestimmungen bloß erörtert oder bewusst gemacht wurden oder ein Vertragspartner über eine Bestimmung belehrt wird. Es muss vielmehr der Verwender zur Änderung eines Textes erkennbar bereit gewesen sein (2 Ob 22/12t). Ein bloßes Besprechen eines Formulartextes ist noch nicht als individuelle Vereinbarung oder Aushandeln zu qualifizieren, sodass ein vorformulierter Mietvertrag gegeben ist. Beachten Sie, dass auch ein Mietvertrag, welcher unter der Verwendung von auf den Einzelfall angepassten Textbausteinen erstellt wird, einer Geltungs- und Inhaltskontrolle unterliegt (6 Ob 206/12f). Demgemäß stellen sich vervielfältigte Vertragstexte als geradezu typischer Fall eines Mietvertragsabschlusses aufgrund eines Formblattes dar.
Bei der Prüfung von Mietvertragsformularen ist zunächst vom Richter die Geltungskontrolle vorzunehmen, bei der im gegenständlichen Fall zu prüfen ist, ob ein sogenannter „Überraschungseffekt“ vorliegt. Dabei ist eine Gesamtbetrachtung des Mietvertrages vorzunehmen und zu prüfen, ob Vereinbarungen an einer Stelle des Mietvertrages getroffen wurden, mit denen ein durchschnittlicher Mieter nicht zu rechnen brauchte. Dazu zählen etwa Vereinbarungen im frei vereinbarten Mietzinsbereich über Staffelmietzinse, über welche gesonderte Vereinbarungen getroffen wurden. Überraschungseffekte sollten durch eine übersichtliche transparente Gliederung des Mietvertragsformulares vermieden werden.
Essentielle Bestimmungen des Mietvertrages sollten daher unter dementsprechenden Überschriften im Mietvertrag geregelt werden. Durch die Überschrift „Erhaltung des Mietgegenstandes“ sollte im Mietvertragsformular klargestellt werden, dass hier Vereinbarungen, welche die Erhaltung des Mietgegenstandes betreffen, getroffen werden. Dasselbe gilt für die Höhe des Mietzinses, oder der Mietvertragsdauer selbst. Demgegenüber ist die Inhaltskontrolle der Geltungskontrolle nachgelagert, wobei diesbezüglich §879 Abs.3 ABGB festlegt, dass eine in den allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiden Hauptleistungen festlegt, jedenfalls nichtig ist, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles einen Teil gröblich benachteiligt.
In diesem Sinne ist der Vertragserrichter gefordert möglichst ausgewogene im Einzelfall begründete Klauseln zu schaffen und keine generellen eine Seite benachteiligenden Verpflichtungen einer Vertragspartei auf zu erlegen. Demnach wurden schon in der Judikatur immer wieder bestimmte Bestimmungen als gröblich benachteiligend in Mietverträgen angesehen. Als Beispiele gelten nicht näher präzisierte Besichtigungsrechte des Vermieters (7 Ob 7806f), oder generelle Haustierhaltungsverbote, die nicht auf einzelne gefährliche Tiere beschränkt sind (2 Ob 73/10i). Bei der Vereinbarung einerjährlichen Wartung der Heiztherme ist auf die Wartungsbestimmungen des Thermenherstellers unbedingt Bedacht zu nehmen und eine Wartungspflicht entsprechend den Wartungsintervallen des Herstellers zu vereinbaren. Selbst eine generelle Überwälzung von Erhaltungspflichten im Teil- und Vollausnahmebereich des Mietrechtsgesetzes kann sich im Einzelfall als gröblich benachteiligend erweisen.