Der Wiener Wohnungsmarkt hat bereits seit Jahren international für Diskussionen gesorgt. Wien wird international gerne als Vorzeigemodell dargestellt. Es gibt die große Zahl der Gemeindewohnungen – rund 201.000—rund 193.000 Genossenschaftswohnungen, 177.000 Eigentumswohnungen, dazu rund 300.000 Privatwohnungen, allerdings nur ein Teil davon im Altbau. Wir sind gewöhnt, dass Vergleiche angestellt werden: Was kostet eine Gemeindewohnung, eine Genossenschaftswohnung und wieviel kostet eine Wohnung in einem Privathaus? Es ist ein Vergleich, bei dem Gemeindemieter und Mieter von Genossenschaftswohnungen günstiger wohnen als Mieter im privaten Sektor, im Altbau. Das ist kein Wunder: Gemeindebauten sind mit Steuermitteln errichtet worden, Genossenschaften sind steuerbefreit.
Journalisten, Politiker und Ländervertreter sehen international bisweilen die Wiener Wohnsituation als weltweit am besten an: Große Zahl an Sozialwohnungen (Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen), hohe Qualität und Mietenkontrolle.
Das deutsche Forschungsinstitut „empirica“ hat im vergangenen Jahr die Wohnsituation in Wien untersucht und zahlreiche Interviews geführt. Das Ergebnis wurde am 29. Jänner 2020 in Berlin von Prof. Dr. Harald Simons (Vorstandsmitglied beim Forschungsinstitut empirica) vorgestellt: „Endbericht Wohnungsmarkt in Wien – eine wohnungspolitische Analyse aus deutscher Sicht“. Diese Darstellung muss allerdings einer kritischen Analyse unterworfen werden.
Prof. Dr. Simons stellte die Studie im Rahmen eines Referats vor. Er unterteilt den Wiener Mietwohnungsmarkt in vier Teilmärkte (Gemeindewohnungen, geförderte Mietwohnungen, regulierte private Mietwohnungen und nicht regulierte private Mietwohnungen).
Alles in allem wird in dem Vortrag eine ausgewogene Darstellung der Situation auf dem privaten Altbausektor vermisst. Zu den fehlenden Elementen gehört etwa der Befristungsabschlag oder die Problematik des Eintrittsrechtes mit einer geringen Anhebungsmöglichkeit des Hauptmietzinses. Der Vortragende hat jedenfalls erwähnt, dass er seine Informationen in Bezug auf den privaten Altbau von der Arbeiterkammer habe.
Emmanuelle Causse, Generalsekretärin der UIPI (internationaler Haus und Grundbesitzerbund), fasst das Ergebnis der Studie prägnant zusammen: „Im Ergebnis ist das Wiener Mietsystem nicht zu empfehlen. Es ist teuer, unsicher, streitanfällig, bürokratisch, intransparent und ungerecht, gerade aus der Sicht sozial schwacher Mieter ohne, dass die Wohnkosten in Wien niedriger wären als in deutschen Metropolen“.